Das Kongobecken

Der eher unbekannte Regenwald im Kongobecken in Afrika hat einiges zu bieten und es lohnt sich bei ihm mal näher hinzuschauen. Oder wusstest Du, dass hier die kleinsten Menschen und der grösste Frosch der Erde leben?

Der „afrikanische“ Regenwald

Der Regenwaldgürtel, der die Erde am Äquator umspannt, erstreckt sich auch auf den afrikanischen Kontinent: Auf imposanten 200 Millionen Hektaren – das ist etwa vier Mal so gross wie Frankreich – finden wir einen einzigartige Artenvielfalt. Der afrikanische Regenwald, das sogenannte Kongobecken, ist somit nach dem Amazonas der zweitgrösste Regenwald der Welt. Das Kongobecken liegt in Zentralafrika, hauptsächlich in der Demokratischen Republik Kongo sowie in Teilen der Republik Kongo, Kamerun, Äquatorialguinea, Angola, Sambia, Gabun und der Zentralafrikanischen Republik. Durch das Tieflandbecken fliesst der gleichnamige Fluss Kongo, der die ganze Region mit Wasser versorgt. Im Gegensatz zum grossen Bruder, dem Amazonas-Regenwald, der sich fast gänzlich auf Meereshöhe befindet, liegt der Kongo-Regenwald zwischen 300 und 1000 Meter über Meer (1,2).

Viel unentdecktes Leben

Durch die eher instabile politische Lage in den Ländern des Kongo-Regenwaldes ist die Tier- und Pflanzenwelt bis heute verglichen zu anderen Teilen der Welt noch eher wenig erforscht. Für Biolog:innen also eine wahre Schatzkammer an unentdeckten Arten. Viele davon sind endemisch, also Arten, welche man einzig und alleine an diesem Ort findet. Bis heute sind 10’000 höhere Pflanzenarten bekannt, davon 3’000 endemisch. Zudem nennen mindestens 1’000 Vogelarten und 900 Schmetterlinge das Kongobecken ihre Heimat (3,4). Einige dieser Arten stellen wir hier vor.

Tierische Baumpflanzer

Bonobos oder Zwergschimpansen (Pan paniscus) sind die Förster des Kongo-Regenwaldes: In ihrem ungefähr 35 Jahre langen Leben verteilen die Affen bis zu 12 Millionen Samen mit ihrem Kot. Noch dazu keimen die Samen um einiges schneller, wenn sie einen Bonobo-Darm passiert haben. Bonobos leben in frauengeführten Gruppen und führen im Gegensatz zu ihren aggressiveren Verwandten, den Schimpansen, ein sehr friedliches Zusammenleben. Bonobos kommunizieren hauptsächlich über Laute. Ein hoher, schriller Schrei dient der Kontaktaufnahme, ein an Hundegebell erinnernder Laut stellt eine Warnung dar. Ein hechelndes Ein- und Ausatmen stellt ein Äquivalent zum menschlichen Lachen dar. 

Wusstest Du, dass Bonobos zusammen mit den Schimpansen die uns am nächsten verwandten Tiere sind? Genetisch sind sie zu 98% identisch mit uns (5). Doch durch das Wirken des Homo sapiens (Mensch) sind sie gemäss der Roten Liste des IUCN stark gefährdet und ihr Bestand nimmt bedrohlich ab (6).

Bonobo im Wald frisst eine Banane.

Bonobos können sich bei der Nahrungssuche sowohl am Boden als auch auf Bäumen aufhalten, sind jedoch vorrangig Baumbewohner. Bonobos sind Allesfresser, die sich aber überwiegend pflanzlich ernähren. Früchte machen den Hauptbestandteil der Nahrung aus, Blätter und Kräuter ergänzen den Speiseplan (© WWF).

Der grösste Frosch der Welt

Der Goliath-Frosch (Conraua goliath) kann über 34 cm gross werden. Und das ist nur der Oberkörper, ausgestreckt ist er noch um einiges grösser! Der Goliath-Frosch ist vor allem wegen seiner Schenkel beliebt. Er wird deshalb gejagt und als sogenanntes «bushmeat» verspiesen. Das ist auch der Grund, warum der Frosch stark gefährdet ist (7). Dazu kommt ein zunehmendes Interesse als Haustier, mit Exporten in die ganze Welt, was die Art noch mehr unter Druck setzt. 

Toter Goliath-Frosch liegt auf dem Rücken und ist bereit für die Zubereitung.

Der Goliath-Frosch kann bis zu 3 kg schwer werden. Seine Schenkel gelten als Delikatesse (© Cyril Ruoso).

Eine beliebte Frucht im Tierreich

Neben den vielen Tieren im Kongobecken sind auch unzählige Pflanzenarten im Kongobecken zu finden. Eine davon ist Panda oleosa, welche in den Regenwäldern Zentralafrikas weit verbreitet ist (8). Ihre Früchte sind im Tierreich weitherum bekannt. So sind zum Beispiel die Elefanten des Regenwaldes grosse Fans der Panda oleosa. Eine Win-Win-Situation für beide: Der Elefant wird satt, die Panda oleosa wird verbreitet und ist dann am Zielort auch gerade schon gedüngt (9)! Doch ganz einfach zu knacken ist die harte Schale nicht. Schimpansen sammeln speziell für das Knacken der Panda oleosa besonders harte, granithaltige Steine, um zum roten Fruchtfleisch zu gelangen (10).

Blüte und Frucht der Panda oleosa.

Panda oleosa wächst als immergrüner Baum mit dichter Krone bis etwa 35 Meter. Die gekochten Samen sind essbar und man kann daraus Speiseöl gewinnen. Die Rinde, Wurzeln, Blätter und das Samenöl werden auch als Arznei verwendet (© David Harris).

Die indigenen Menschen im Kongo-Regenwald

Die indigene Bevölkerung, welche im Kongo-Regenwald lebt, ist enorm divers. Oft wird sie unter dem Namen „Pygmäen“ zusammengefasst. Doch es sind ganz viele verschiedene Völker, die das Kongo-Becken ihre Heimat nennen. Aka, Bagyeli, Bakola, Bakoya, Baka, Babenjelle, Babi, Bacwa, Babongo sind nur einige davon. Sie unterscheiden sich in ihrer Kultur, ihrer Herkunft und ihrer Sprache (11). Die indigenen Menschen im Kongo-Regenwald sind die kleinsten weltweit bekannten. Sie werden selten grösser als 1.5 m, was höchstwahrscheinlich genetisch bedingt ist (12). Es ist auch nicht klar, wie viele indigene Menschen genau im Kongo-Regenwald leben, da dieser schwer zugänglich ist. Eine neuere Studie schätzt die Zahl der indigenen Personen im Kongo-Becken auf etwa 920'000 (13).

Zwei Pygmäen im Wald mit Körben auf dem Rücken.

Pygmäen leben als Jäger und Sammler, soweit sie noch nicht sesshaft sind, in kleinen Gruppen in den Urwäldern. Nicht nur die Männer gehen auf Jagd, sondern auch Frauen und Mädchen beteiligen sich (© survival international).

Zentralafrikanisches Ökosystem unter Druck

Durch die Abgeschiedenheit und instabile politische Lage galt der Kongo-Regenwald lange als einigermassen intakt. Mit der Stabilisierung der zentralafrikanischen Länder setzen nun aber verschiedene lokale und globale Interessen - vor allem nach Rohstoffen - dem Tropenwald zu (14). 2020 gingen allein in der Demokratischen Republik Kongo 490’000 Hektar Primärwald verloren. Das Land steht damit nach Brasilien an zweiter Stelle der traurigen Rangliste der grössten Primärwaldverluste (15). Zudem bedroht auch das veränderte Klima den Regenwald: Die Jahresniederschläge nehmen ab und Dürren werden immer häufiger und länger (16).

Die kleinbäuerliche Landwirtschaft sowie die Abholzung der Bäume für die Produktion von Kohle stellt im Kongobecken gemäss Global Forest Watch die Hauptursache des Waldverlustes dar. Die Nachfrage nach Kohle ist vor allem deshalb besonders gross, weil die kongolesische Bevölkerung einen schlechten Zugang zu Elektrizität hat und somit Kohle ein wichtiger Bestandteil des alltäglichen Lebens ist. Die Strassen für den Holzschlag öffnen dann die Tore für weitere Aktivitäten im Regenwald. Dazu gehören vor allem das Schürfen von Gold, Diamanten und anderen Mineralen - alles wichtige Bestandteile unserer Alltagsgeräte (17).

Mann mit Motorsäge vor gefälltem Baum im Kongo.

Die Zerstörung der afrikanischen Regenwälder geht ungebremst weiter (© Greenpeace).

Wenn nicht bald griffige Massnahmen gegen den Verlust des Regenwaldes umgesetzt werden, könnten bis 2030 30% des Waldes im Kongobecken zerstört sein (18). Dies hätte enorme Auswirkungen auf die Biodiversität und das Klima. Auch die Wasserversorgung für die umliegende Bevölkerung wäre davon stark betroffen und die Heimat der indigenen Völker zerstört. 

Der Schutz der Regenwälder muss in der Schweiz verstärkt zum Thema werden. Denn der Verlust dieses einzigartigen Lebensraums betrifft auch Nicht-Regenwaldländer. 

GREEN BOOTS setzt sich mit seiner politischen Arbeit dafür ein, dass die Schweiz ihre Verantwortung wahrnimmt.

 

Autorin: Jana Frei, Simona Kobel

Literaturverzeichnis

(1) The Forests of the Congo Basin - Forests and climate change. Eds : de Wasseige C., Tadoum M., Eba’a Atyi R. and Doumenge C. – 2015. Weyrich. Belgium. 128 p. Legal deposit: D2015/8631/42 ISBN: 978-2-87489-355-1

(2) The Forests of the Congo Basin – State of the Forests 2006.

(3) Congo River Basin, a reservoir of biodiversity threatened with extinction, https://www.thenewhumanitarian.org/fr/node/220644 (16.07.2022)

(4) The Forests of the Congo Basin – State of the Forests 2006, https://pfbc-cbfp.org/files/docs/Bassin%20du%20Congo/EdF/State%20of%20the%20Forest%202006%20small.pdf (16.07.2022)

(5) David Beaune, François Bretagnolle, Loïc Bollache, Chloé Bourson, Gottfried Hohmann et Barbara Fruth, « Les services écologiques des bonobos (Pan paniscus) », Revue de primatologie [En ligne], 5 | 2013, document 59, mis en ligne le 31 mars 2014, consulté le 16 juillet 2022. URL : http://journals.openedition.org/primatologie/1641 ; DOI : https://doi.org/10.4000/primatologie.1641 

(6) Fruth, B. et al. 2016. Pan paniscus. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T15932A102331567. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-2.RLTS.T15932A17964305.en (16.07.2022)

(7) IUCN SSC Amphibian Specialist Group. 2019. Conraua goliath. The IUCN Red List of Threatened Species 2019: e.T5263A96062132. https://www.iucnredlist.org/species/5263/96062132 (16.07.2022)

(8) Botanic Gardens Conservation International (BGCI) & IUCN SSC Global Tree Specialist Group. 2019. Panda oleosa. The IUCN Red List of Threatened Species 2019: e.T143722018A143722020.

(9) Lieberman, Diana et al. Notes on Seeds in Elephant Dung from Bia National Park, Ghana. In: Biotropica Vol. 19, No. 4 (1987)

(10) Boesch, C., Boesch, H. Mental map in wild chimpanzees: An analysis of hammer transports for nut cracking. Primates 25, 160–170 (1984) https://doi.org/10.1007/BF02382388 (14.07.2022)

(11) IPACC Who are the indigenous peoples of the congo basin? https://www.ipacc.org.za/congo-basin/ (14.07.2022)

(12) Heyer, E. (2011). Indirect evidence for the genetic determination of short stature in African Pygmies. American Journal of Physical Anthropology, 145(3), 390–401. https://doi.org/10.1002/ajpa.21512 (14.07.2022)

(13) Olivero J, Fa JE, Farfa ́n MA, Lewis J, Hewlett B, Breuer T, et al. (2016) Distribution and Numbers of Pygmies in Central African Forests. PLoS ONE 11(1): e014449. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0144499 (14.07.2022)

(14) Harrison I.J., Brummett R., Stiassny M.L.J. (2016) The Congo River Basin. In: Finlayson C., Milton G., Prentice R., Davidson N. (eds) The Wetland Book. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-007-6173-5_92-1 (14.07.2022)

(15) World Resources Institute I Global Forest Review Forest Pulse: The Latest on the World’s Forests https://research.wri.org/gfr/latest-analysis-deforestation-trends (14.07.2022)

(16) The Forests of the Congo Basin - Forests and climate change. Eds : de Wasseige C., Tadoum M., Eba’a Atyi R. and Doumenge C. – 2015. Weyrich. Belgium. 128 p. Legal deposit: D2015/8631/42 ISBN: 978-2-87489-355-1

(17) Global Forest Watch – Congo Basin (14.07.2022)

(18) National Geographic: Zweitgrösster Regenwald der Welt im Kongo zur Abholzung freigegeben. Von Mélanie Gouby, veröffentlicht am 5. Okt. 2021. https://www.nationalgeographic.de/umwelt/2021/10/zweitgroesster-regenwald-der-welt-im-kongo-zur-abholzung-freigegeben (14.07.2022)