Blätter sind die Kraftwerke der Pflanzen. Durch die Photosynthese wandeln sie Lichtenergie, Wasser und Kohlendioxid in Traubenzucker und Sauerstoff um. Damit dieser überlebenswichtige Prozess reibungslos abläuft, haben sich Regenwaldpflanzen an die Bedingungen bezüglich Licht, Temperatur und Niederschlag angepasst.
Anpassungen an klimatische Extreme
Im Regenwald sind Blätter sehr unterschiedlichen Bedingungen ausgesetzt: Unten in der Kraut- und Strauchschicht leiden sie unter Lichtmangel, im Kronendach unter der sengenden Sonne. Von der jungen Pflanze bis zum ausgewachsenen Riesen erlebt ein Regenwaldbaum beide Extreme. Deshalb verändert sich ein Regenwaldblatt im Lauf seines Lebens.
So sind die Blätter vieler junger Pflanzen und auch mancher Farne, die dauerhaft im Dunkeln leben, rötlich gefärbt. Wissenschaftler vermuten, dass sie mithilfe des roten Farbstoffs das wenige Restlicht, da am Boden ankommt, bei der Photosynthese besser verarbeiten können. Die Blätter, die es nach oben geschafft haben, sind dagegen dunkelgrün und hart.
Oft verändert sich auch die Form der Blätter (Heterophyllie). Gut ersichtlich ist dies bei unserer Logo-Pflanze: Die jungen Blätter der Monsterapflanze haben keine Löcher und Einschnitte. Sie braucht ihre ganze Fläche für das Einfangen der Sonnenenergie. Bekommt das Blatt mehr Licht, so können die tiefen Einschnitte die Angriffsfläche für die Sonne verringern.
Junge Blätter (links, © Katja Schulz) und Blätter im späteren Leben (rechts © Letizia Weichgrebe) der Monstera dubiosa in Panama.
Beschaffenheit eines typischen Regenwaldblatts
Die Blattoberfläche ist extrem glatt und in der Mitte verläuft eine Rinne. Das Blatt endet in einer geschwungenen Spitze. An dieser Träufelspitze läuft das Wasser nach einem Gewitterguss gut ab. So bilden sich keine Algen, Moose oder Flechten, die die grünen Blattzellen bedecken und ihnen das Licht nehmen könnten. Zudem sind die Blätter oft mit einer Wachsschicht überzogen, damit sie nicht austrocknen.
Ficus religiosa mit überlanger, geschwänzter Träufelspitze links (© Krzysztof Ziarnek). Rechts Dioscorea sansibarensis mit Träufelspitze. (© Jonathan Hiew).
Auf Brettern und Stelzen
Anders als unsere Bäume wurzeln Regenwaldbäume nicht tief. Ihre Wurzeln tasten oft nicht mehr als die oberen 30 cm Boden ab, weil hier die meisten Nährstoffe zu finden sind. Solche Oberflächenwurzeln können aber die 60 m hohen Baumriesen, an deren Kronen manchmal gewaltige Stürme zerren, kaum aufrecht halten. Diese Aufgabe übernehmen die Brettwurzeln. Die auffälligen, flügelartigen Erweiterungen des unteren Stammes werden bis zu zehn Meter hoch und sehr breit. Sie verteilen das enorme Gewicht des Baums auf eine grössere Fläche. Die Brettwurzeln geben dem Baum Stabilität.
Auch Stelzwurzeln erfüllen diesen Zweck, aber auf etwas andere Weise: Sie wachsen vom Hauptstamm weg und erst in einiger Entfernen nach unten, um sich dort im Boden zu verankern. Sie funktionieren wie ein Stativ. An besonders nassen Standorten sind Stelzwurzeln typisch, beispielsweise bei Mangrovenbäumen, die im Wasser stehen. Stelzwurzeln kommen aber auch bei terrestrischen Bäumen vor, z.B. bei Palmengewächsen oder bei Maulbeergewächsen.
Links die lang auslaufenden Brettwurzeln eines Regenwaldriesens in Kamerun (© Sylvie Gourlet-Fleury (CIRAD)). Rechts die Stelzwurzeln einer Wanderpalme in Costa Rica (© Faunity).