Die Regenwälder tragen nicht ohne Grund ihren Namen: Pro Jahr regnet es in den Tropen mindestens 2'000 mm pro Quadratmeter – das entspricht 14 vollen Badewannen. Aber warum regnet es in den Tropenwäldern überhaupt so viel?
Um zu verstehen, wie es zu einer solchen Menge Regen kommen kann, ist es wichtig zu wissen, dass es einen grossen und einen kleinen Wasserkreislauf im Regenwald gibt. Wobei sich die Bezeichnung "klein" eher auf regional bezieht, denn für den Regenwald ist dieser Kreislauf von grösster Bedeutung. Der kleine oder regionale Wasserkreislauf beschreibt den Kreislauf des Wassers innerhalb des Regenwaldes. Der grosse Wasserkreislauf beschreibt die Reise des Wassers vom Ozean in den Wald und wieder zurück in den Ozean. Beide Kreisläufe setzten eines voraus: Starke Sonneneinstrahlung.
Der kleine Wasserkreislauf
Die Sonne steht das ganze Jahr über fast senkrecht über dem Äquator und scheint bis zu 14 Stunden am Tag. Die starke Sonnenstrahlung lässt enorme Mengen an Wasser verdunsten. Die warme, feuchte Luft steigt nach oben und es bilden sich riesige Quellwolken. Am Abend, wenn die Sonne untergeht und sich die Luft abkühlt, regnen sich die Wolken über dem Regenwald wieder aus. Das Wasser wird von den Pflanzen wieder aufgenommen und am nächsten Morgen beginnt der kleine Wasserkreislauf von vorne. Je nach Standort und Regenwaldtyp produziert der Wald zwischen 50 und 75 Prozent seines eigenen Regens mithilfe dieses "kleinen" Wasserkreislaufs selber.
Der grosse Wasserkreislauf
Wie der kleine Wasserkreislauf beginnt auch der grosse Kreislauf durch die Verdunstung von einer grossen Menge Wasser. Da die warme und feuchte Luft nach oben steigt, nimmt der Luftdruck über dem Äquator ab. Die Natur strebt immer nach einem Gleichgewicht. Da der Luftdruck über den Regenwäldern nun geringer ist, entstehen die sogenannten Passatwinde. Diese tragen feuchte Meeresluft in die druckärmere Zone. Diese Luft verstärkt zusätzlich die Wolkenbildung. Ein Teil des Regens wird wiederum von den Pflanzen aufgenommen, ein anderer Teil versickert ins Grundwasser und gelangt schliesslich zurück in den Ozean. Der grosse Kreislauf beginnt von vorne.
Der grosse Wasserkreislauf: Regenwälder funktionieren wie Riesenschwämme, die Regenwasser aufsaugen und es über die Blätter wieder ausschwitzen. Sie produzieren ihre eigenen Wolken und der Verdunstungszyklus sorgt auch in weit entfernten Trockengebieten für lebensnotwendige Niederschläge. (© GREEN BOOTS)
Kleiner Wasserkreislauf in Gefahr
Damit der überlebenswichtige regionale Wasserkreislauf aufrecht erhalten bleibt, sind grosse, zusammenhängende Waldgebiete nötig. Die Regenwaldabholzung stellt eine grosse Gefahr für das Ökosystem dar, da zu wenig Wald den Wasserkreislauf nicht aufrechterhalten kann.
Das Problem: In einem intakten Wasserkreislauf erreicht nur wenig Regenwasser direkt den Boden. Das meiste Wasser wird durch die dichte Vegetation aufgehalten und direkt von den Blättern der Pflanzen wieder aufgenommen. Fehlt diese Vegetation wegen der Abholzung, erreicht viel mehr Wasser den Boden. Dieser kann diese enorme Menge aber nicht speichern und das Wasser fliesst oberirdisch ab und schwemmt die oberste nährstoffreiche Humusschicht mit. Der ohnehin schon nährstoffarme Boden wird noch ärmer. Dies hat zur Folge, dass die übrig gebliebenen Pflanzen und Bäume nicht mehr genügend Nährstoffe aufnehmen können, nur noch langsam wachsen oder gar absterben. Ein Teufelskreis beginnt. Der Regenwald wird immer trockner und entwickelt sich schliesslich zur Wüste.
Autorin: Theres Kummer